Recht ist die Kunst der Guten und Gerechten
Musterklausuren zum Ersten Juristischen Staatsexamen
Die Stimme aus der Gruft (Zivilrecht)
Der HMML stirbt und hinterlässt als Erben seine
Zwillingssöhne P und T. P verprasst seinen Erbteil, schafft
Bücher und Auto des HMML fort. Das gewonnene Geld setzt er
für Wein ein. T ist damit einverstanden und tauscht
eigenhändig die Wohnzimmereinrichtung gegen eine Portweinsammlung
ein.
HMML erhebt aus dem Totenreich seine Stimme und verlangt seine Sachen heraus. Was kann HMML verlangen?
Abwandlungen:
HMML erhebt sich und kehrt zurück. Was kann er als (I) lebender Toter und was als (II) Auferstandener verlangen?
_______________
Wem gehört das Melmac-Funstück? (Zivilrecht)
Der Melmac explodiert, Alf stirbt dabei aber nicht. Ein kleiner Brocken
des Planeten fliegt Richtung Erde und zerbricht in 22 km Höhe
über der südbayrischen Gemeinde Maitzingen ob der Grube an
der Hike an der Kulaialm über Huldenstadl zum goldenen Adelwalde
(M) in drei kleine Stücke. Eines von diesem landet auf einem
außerortlichen Grundstück der M. Dieses Stück misst nur
wenige Centimeter und liegt auf Geröll und Schotter, aus welchem
es bloß farblich hervorsticht.
Der Herr Diplom-Physiker Ottokar-Ludwig Stadlmaier (S) beobachtet mit
seiner Spanner-Ausrüstung den Niedergang des Himmelskörpers
und berechnet mit seinem PC die Flugbahn des Splitters. Er grenzt den
Aufschlagplatz auf ca. 2000 m² ein, bricht von Oberfranken auf und
durchsucht jenes Areal. Nach mehreren Stunden wird er fundig, nimmt das
Stück an sich und reist zurück in seine Heimat.
Da dieser Fund einen Wert von ca. 200 000 EUR aufweist, verlangt die M vom S eben diesen heraus.
Abwandlung:
Wie wäre die Rechtslage, wenn sich ein Schatzsucher eines Seeexpeditionsunternehmens und eine Exil-Regierung
_______________
Gefährderanschreiben durch das JPA (Öffentliches Recht)
Cand. iur. T bereitet sich fleißig und gewissenhaft auf die erste
rechtswissenschaftliche Staatsprüfung vor. Er ist seit langer Zeit
„scheinfrei“, durch die Universität bestens
vorbereitet und sendet daher die erforderlichen Unterlagen an das
Landesjustizprüfungsamt zu Celle. Dieses lässt per
schriftlicher Mitteilung den T auch zum gewünschten Termin zu und
teilt ihm u. a. auch die Klausurtermine mit.
Dem Schreiben ist noch ein gelbes Blatt beigelegt, welches die
„Raumnutzung während der Klausurtermine“ thematisiert.
In diesem an die Kandidatinnen und Kandidaten gerichteten Erzeugnis mit
Siegel und Briefkopf des nds. Landesjustizministeriums heißt es:
„Prüflinge haben in den letzten Monaten in
unerträglichem Ausmaß die benutzten Räumlichkeiten ...
verschmutzt (...). Ich bitte Sie höflich und eindringlich (...) so
ordnungsgemäß und sauber verlassen werden (...) Ferner...
vor dem Gebäude die Umwelt nicht zu verschmutzen (...)
Darüberhinaus mache ich Sie darauf aufmerksam, dass ein
Prüfling der erheblich gegen die Ordnung verstößt,
gemäß § 15 Absatz 3 NJAG von der Prüfung
ausgeschlossen werden kann.“
Der T hält die Zeichensetzung in dem Schreiben für
unerträglich, fühlt sich von diesem Schreiben bedroht und
empfindlich diskriminiert, da er sich selbst für einen
äußerst reinlichen, umwelt- und ordnungsbewussten Menschen
hält. Er sei doch schließlich nicht einmal ein
„Gefährder“. Zudem werde doch etwas liegen gelassenes
Süßriegelpapier kaum ausreichen, einen Ausschluss aus der
Prüfung herbeizuführen. Er fragt Sie, wie er gegen diesen
„Wisch“ vorgehen kann.
Erstellen Sie ein umfassendes Rechtsgutachten, welches auf die Fragen des T eingeht.
_______________
Das zitierte Skriptum (Öffentliches Recht)
Der Rechtskandidat RCF stützt wesentliche Ausführungen in
seiner Examenshausarbeit auf Skripten des angesehenen Repetitors Dr.
Schlö., einem Experten zahlreicher Rechtsgebiete, sowie auf
Karteikarten des Repetitors Spe., der dereinst als Assistent eines der
größten Zivilrechtskoryphäen tätig war.
Die hochgelehrten Korrektoren, zwei ordentliche Professoren an
führenden Elite-Universitäten in Exzellenzclustern, beklagen dieses und werten deshalb
die Arbeit ab. Die Erzeugnisse der Repetitoren seien nicht
„zitierfähig“.
Als Schlö. und Spe. dieses erfahren, toben sie vor Wut.
Schlö. führt aus, dass es doch eine Sauerei sei, seine guten
Lernhilfen zu verspotten, zumal auch etliche Lehrbücher etwaiger
Professoren auch keinen eigenen wissenschaftlichen Anspruch
hätten, sondern nur Meinungsstände zusammenfassten. Spe.
meint sogar, dass die gesamte Ausbildungsliteratur gleichermaßen
unwissenschaftlich sei – abgesehen von wenigen Ausnahmen,
würden auch viele niveaulose Bücher als
„zitierfähig“ angesehen. Entscheidend sei dafür
nur, ob der Verfasser eine Professur habe oder eben nicht.
Beide Repetitoren fühlen sich betroffen, berührt und
verletzt. Sie bitten Sie, mögliche Vorgehensweisen gegen das
Prüfungsamt auf ihre Erfolgsaussichten zu prüfen. Dabei
dürfen Sie auch auf ihre Erkenntnisse aus der Rep.-Zeit
zurückgreifen.
Abwandlung
Wie wäre es, wenn die unbegabten Repetitoren A und S sowie der JI
sich beschwerten. Diese drei sind nur dafür berühmt, vorlesen
zu lassen.
_______________
Der Zeitreisende (Öffentliches Recht)
Der Z, ein Zeitreisender, reist vom Jahr 2050 in das Jahr 1960,
ändert dort die Vergangenheit, reist zurück in das Jahr 2050.
Nach seiner Rückkehr wird er verhaftet. Durch die Veränderung
der Vergangenheit ergab sich in diesem Zeitstrom ein neues Strafgesetz,
dass der Rückgereiste rechtgemßäg schuldig befunden
wird. Nach erfolgloser Ausschöpfung aller Rechtsmittel legt er
Verfassungsbeschwerde ein, wobei er sich schwerpunktmäßig
auf das - nach wie vor geltende - Rückwirkungsverbot beruft. Wird
ihm Erfolg beschieden sein?
Abwandlung:
Wie verhielte es sich, wenn er statt dessen eine alternative Dimension im Rahmen seiner "Rückkehr" besuchte?
_______________
Die Glocke (Öffentliches Recht)
Dem Landesmuseum wird eine große wie historisch bedeutsame Kanone
gestohlen. Später wird diese eingeschmolzen und neu geformt und an
die "Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers" verkauft.
Die sog. Bischöfin Käßfrau widmet
diese und lässt sie anschließend in Betrieb nehmen.
Der Direktor des Landesmuseums Niedersachsen fordert die Kirchenglocke
zurück, Ersatz usf. Was kann er vor welchem Gericht erreichen?
_______________